Zum Hauptinhalt springen

Finde dein Ehrenamt auf

Setting aus Spielfiguren, das 4 golfspielende Menschen neben 4 Arbeitern zeigt

Was ist Chancengleichheit? – Definition, Beispiele & Status Quo

Chancengleichheit ist oft Teil der öffentlichen Debatte, besonders wenn politische Wahlen bevorstehen, ist der Begriff überall zu hören. Was sich hinter dem Wort verbirgt, welche ausschlaggebende Rolle Bildung dabei spielt und wie es derzeit in Deutschland um die Chancengleichheit steht, zeigen wir in diesem Beitrag.

    1. Definition Chancengleichheit
    2. Chancengleichheit vs. Chancengerechtigkeit – was ist der Unterschied?
    3. Chancengleichheit in der Bildung
    4. Situation in Deutschland aktuell
    5. Strategien für mehr Chancengleichheit
    6. So kannst du dich engagieren

Definition Chancengleichheit

Der Begriff Chancengleichheit beschreibt einen Idealzustand in der Gesellschaft, der es allen Menschen ermöglichen soll, maximalen Erfolg mit ihrer individuellen Leistung zu erreichen. Das bedeutet, dass dort, wo es Konkurrenz zwischen mehreren Personen gibt, jede*r dieselben Ausgangsbedingungen haben soll. Konkurrenzsituationen gibt es in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Wohnraum und generell in der Verteilung von materiellen und finanziellen Ressourcen. 

Laut Chancengleichheit sollen in diesen Feldern Faktoren, wie Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe und Religionszugehörigkeit keinen positiven oder negativen Einfluss auf die Erfolgschancen einer Person haben. Dies ist seit 2006 weitgehend gesetzlich festgeschrieben, nämlich im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (mehr dazu hier). Das Gesetz besagt unter anderem, dass niemand bei der Wohnungssuche aufgrund seiner Herkunft benachteiligt werden darf und dass der Bewerbungsprozess für eine Arbeitsstelle diskriminierungsfrei gestaltet werden muss.

Chancengleichheit vs. Chancengerechtigkeit – was ist der Unterschied?

Menschen unterschiedlicher Hautfarben, Geschlechter, körperlicher Fähigkeiten stehen in einer Schlange
Quelle: Canva
Woher stammen die Begriffe?

In den 1960ern wurde das Wort Chancengleichheit erstmals in Zusammenhang mit der damaligen Bildungskrise verwendet, nachdem Deutschland im Vergleich zu den Nachbarländern deutliche Defizite aufwies. Nur 15% der Kinder eines Jahrgangs besuchten damals das Gymnasium. Kinder aus Arbeiter*innenhaushalten, Kinder die auf dem Land lebten sowie generell Frauen und Mädchen hatten kaum Zugang zu einer höheren Bildung (mehr dazu hier). Es kam die Forderung nach einer Reformation des Bildungssystems auf, mit gleichen Bildungschancen für alle. 

Doch bald wurde das Konzept der Chancengleichheit kritisiert und in der Politik polarisierend als „sozialistische Gleichmacherei” bezeichnet. Daraufhin verbreitete die CDU/CSU den Begriff Chancengerechtigkeit als alternativen Begriff, bei dem nicht „jedem die gleiche Chance, sondern jedem seine Chance” gegeben werden sollte, so der damalige CDU Kultusminister Bernhard Vogel im Jahr 1974. Weitere Informationen zur Geschichte der Begriffe kannst du hier nachlesen.

Wie unterscheiden sie sich?

Chancengleichheit besagt, dass Ressourcen gleichmäßig an alle verteilt werden müssen, unabhängig vom individuellen Hintergrund, sodass jeder Mensch die gleichen Startchancen und somit Aufstiegsmöglichkeiten hat. Bei der Chancengerechtigkeit hingegen werden die Ressourcen nur an diejenigen verteilt, die sie brauchen. Dadurch soll ein Ausgleich und gerechte Bedingungen für alle geschaffen werden. Obwohl die Begriffe Chancengleichheit und Chancengerechtigkeit verschiedene Bedeutungen haben, werden sie heute häufig als Synonyme verwendet. In diesem Beitrag benutzen wir den Begriff Chancengleichheit, weil dieser häufiger verwendet wird.

Chancengleichheit in der Bildung 

Schüler*innen im Unterricht
Quelle: Canva

Bildung spielt eine zentrale Rolle für den zukünftigen Lebensstandard, das Einkommen und den sozialen Status einer Person und hat noch lange nach dem Beenden der Schule Einfluss auf die Lebensqualität. Deswegen besteht hier am meisten Handlungsbedarf, denn Studien machen deutlich, dass die Ungleichheiten schon sehr früh beginnen.

Aktuelles Schulsystem verstärkt Ungleichheiten

Ein weithin bekannter Fakt ist, dass die Bildung von Kindern stark von der ihrer Eltern abhängig ist. Die Zahlen der IFO Studie (hier nachlesen) zeigen, dass nur etwa 21% der Kinder mit zwei Elternteilen ohne Abitur und einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 2600 Euro pro Monat ein Gymnasium besuchen. Demgegenüber stehen 80% der Kinder von Eltern, die beide Abitur haben und zusammen mehr als 5500 Euro netto haben, die das Gymnasium besuchen.

Laut dem Bildungsforscher Klaus Klemm trägt das aktuelle Schulsystem stark dazu bei, dass weniger Chancengleichheit besteht: „Deutschlands Kindertagesstätten und Schulen bauen die Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer nicht ab, sondern verfestigen sie.“.

Ungleichheit beginnt schon vor der Einschulung
Quelle: DGB

In seiner Analyse im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (hier nachlesen) stellt Klemm zudem fest, dass bei Kindern unter drei Jahren, deren Eltern einen Hauptschulabschluss besitzen, nur 16% einen Krippenplatz haben. Im Vergleich dazu sind es in Familien, bei denen der höchste Abschluss die (Fach-) Hochschulreife ist, mehr als 38%. Das trägt dann dazu bei, dass das Wissensniveau der Kinder bereits vor der Einschulung unterschiedlich ist und sich durch häufig fehlende Förderung bis ins Jugend- und Erwachsenenalter auswirkt.

Für mehr Informationen und einen tieferen Einstieg in das Thema empfehlen wir einen Blick in den nationalen Bildungsbericht 2022.

Situation in Deutschland aktuell

Doch es gibt nicht nur in der Bildung ungleiche Verhältnisse. Um einen Einblick in die aktuelle Situation in Deutschland zu erhalten, untersuchen wir beispielhaft drei weitere Bereiche.

Gesundheit

Das Sozio-Oekonomische Panel (hier nachlesen) untersuchte im Jahr 2018 die körperlichen Einschränkungen bei Personen mit unterschiedlichen Bildungsgraden. Im Vergleich haben Menschen mit einem niedrigeren Bildungsniveau eine bis zu 2,3-fach höhere Wahrscheinlichkeit, unter psychischen oder physischen Beschwerden zu leiden und durch die daraus resultierenden Schmerzen in ihrem Alltag eingeschränkt zu sein. Die Studie zeigt außerdem, dass Personen mit niedrigerem Bildungsniveau weniger präventive Gesundheitsmaßnahmen in Anspruch nehmen, wie Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, zahnärztliche Kontrolluntersuchungen und dem Gesundheits-Check-up ab 35. Bildung hat also nicht nur auf den beruflichen Werdegang Auswirkungen, sondern auch auf das körperliche Wohlergehen einer Person.

Wohnungsmarkt

In Bezug auf Wohnraum sind viele Menschen mit Hürden konfrontiert, die ihnen den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erschweren. Laut einer Umfrage (hier nachlesen) der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gaben 35% der Menschen mit Migrationshintergrund an, während der Wohnungssuche rassistische Diskrimination erfahren und überdurchschnittlich häufig Absagen auf Bewerbungen bekommen zu haben. Für sie ist es nicht nur deutlich schwerer, eine Wohnung zu finden, sondern sie sind dadurch auch häufiger gezwungen, höhere Mieten zu zahlen und werden so zusätzlich finanziell belastet.

Finanzielle Ressourcen

Im Bericht „Umsteuern für soziale Gerechtigkeit” von Oxfam vom Januar 2023 wird unter anderem die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland dargestellt. Oxfam zeigt auf, dass die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung nur 1,3% des Vermögens besitzt. Die reichsten 10% besitzen hingegen 67,3% und die Top 0,1% sogar 20,4% des Vermögens. Die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland trägt zu sozialer Ungerechtigkeit und somit zur Chancenungleichheit bei. Menschen mit niedrigem Vermögen haben begrenzteren Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und anderen Ressourcen, was wiederum auch die soziale Mobilität einschränkt.

Strategien für mehr Chancengleichheit

Menschen auf einer Konferenz. Das Bild ist verschwommen und nur die Umrisse der Leute zu erkennen.
Quelle: Canva

Wie aber lassen sich diese Ungleichheiten verhindern oder verändern? Dafür gibt es verschiedene Ansätze, von denen wir hier einige vorstellen wollen.

Gesetze gegen Diskriminierung

Ein zentraler Aspekt ist das Abbauen von Diskriminierung und Vorurteilen aller Art. Eine Gesellschaft kann nur dann fair sein, wenn Menschen nicht aufgrund von Herkunft, Vermögen oder Geschlecht ungleich behandelt werden. Das Antidiskriminierungsgesetz bildet die gesetzliche Grundlage um gegen Diskriminierung vorzugehen. Dafür ist die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene. Sie bietet neben Kontaktstellen zur Meldung von Diskriminierungsfällen auch viele interessante Studien und Hintergrundinformationen zum aktuellen Stand in Deutschland.

Ein konkretes Beispiel für eine antidiskriminierende gesetzliche Maßnahme ist die Einführung der Geschlechterparität in Führungspositionen, die 2021 mit dem Führungspositionengesetz in Kraft getreten ist. Es macht „Vorgaben für mehr Geschlechtergerechtigkeit in den Vorstands- und Aufsichtsgremien großer deutscher Unternehmen, für Unternehmen mit Bundesbeteiligung sowie für bestimmte Spitzenposten im öffentlichen Dienst.”.

Bildungschancen als Grundlage

Wegen des hohen Stellenwertes von Bildung sind Konzepte für mehr Chancengleichheit im Bildungssektor ebenso von großer Wichtigkeit. Das Startchancen-Programm der Bundesregierung soll ab 2024/2025 beginnen und Schulen in ökonomisch benachteiligten Orten finanziell unterstützen. Das Budget wird dort eingesetzt, wo es am meisten gebraucht wird. Dies betrifft 4000 allgemein- und berufsbildende Schulen, die Förderung für eine bessere Ausstattung der Schulen, bedarfsgerechte Maßnahmen der Unterrichtsentwicklung und eine Stärkung durch multiprofessionelle Teams erhalten sollen. 

Darüber hinaus verabschiedete die Bundesregierung im Mai 2023 ein Gesetz zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter, bei dem der Bund die Länder mit über 5 Milliarden Euro unterstützt (hier nachlesen). Und auch der DigitalPakt Schule (hier nachlesen) ist ein wichtiges Instrument, um Schüler*innen digitale Kompetenzen für die Zukunft mitzugeben.

Trotz dieser wichtigen Maßnahmen ist ein zentrales Problem noch nicht gelöst. Denn an vielen Schulen besteht enormer Sanierungsbedarf, den die KfW-Bank für ganz Deutschland auf ca. 50 Milliarden Euro schätzt. Statt Sparmaßnahmen wird daher immer häufiger ein Sondervermögen für Bildung gefordert, um die Basis für ein erfolgreiches Lernen zu bieten.

Weiterbildung als Chance

Auch wenn hier der größte Fokus liegt, ist Bildung nicht nur für Kinder wichtig. Auch Erwachsene profitieren von lebenslangem Lernen. Um dies zu fördern ist 2019 das Qualifizierungschancengesetz in Kraft getreten, das Arbeitnehmer*innen Zugang zu Weiterbildungsmöglichkeiten ermöglichen soll. Unterstützung erhalten Personen, die vom allgemeinen oder digitalen Strukturwandel betroffen sind, oder in einem „Engpassberuf” (Berufe, die von Fachkräftemangel betroffen sind) arbeiten.

Zugang zu Gesundheitsversorgung

Natürlich gibt es auch im Gesundheitsbereich Ansätze, um gleichwertigen Zugang zur Gesundheitsversorgung sicherzustellen. So setzt sich der Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit dafür ein, dass alle Menschen unabhängig von ihrer finanziellen Situation Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Damit sollen gesundheitliche Nachteile aufgrund der aktuellen Lebenssituation, die wie zuvor beschrieben, häufig mit den eigenen Startchancen zusammenhängen, ausgeglichen werden.

Förderung kommt nicht immer an

So essentiell Chancengleichheit für eine funktionierende Gesellschaft ist, so schwierig und komplex sind ihre Herausforderungen. Leider kommen die Angebote oft nicht dort an, wo sie benötigt werden. 

Ein Grund sind mangelnde digitale Fähigkeiten und Zugänge. Ungefähr 6% der deutschen Bevölkerung hat im Jahr 2022 noch nie das Internet benutzt, das sind 3,4 Millionen Menschen (mehr hier). Somit stehen ihnen nicht dieselben Ressourcen zur Verfügung, wie denen, die das Internet nutzen. Hinzu kommt, dass die Internetauftritte von Ämtern und öffentlichen Einrichtungen häufig nicht ausreichend barrierefrei gestaltet und beispielsweise für nicht-deutschsprachige Menschen oder Menschen mit Lernschwierigkeiten nur schwer zu verstehen sind. 

So kannst du dich engagieren

Auch wenn wir hier nur einen kleinen Teil der Thematik beleuchtet haben sollte deutlich werden, wie komplex und grundlegend das Thema Chancengleichheit für eine funktionierende Gesellschaft ist. Die verschiedenen staatlichen Maßnahmen sind wichtig und sollten entsprechend weiter ergänzt werden.

Darüber hinaus spielt aber auch zivilgesellschaftliches Engagement eine wichtige Rolle. Daher findest du auf vostel.de unzählige Möglichkeiten, dich für mehr Chancengleichheit zu engagieren. Egal ob du Kindern bei den Hausaufgaben hilfst, eine Patenschaften mit Geflüchteten eingehst oder Senior*innen mit Technologien bekannt machst – finde jetzt deinen Weg, dich für bessere Chancen für alle zu engagieren.


Dein Team von vostel.de 
wünscht dir viel Spaß bei
deinem Engagement für
mehr Chancengleichheit!


Noch keine Kommentare!

Ihre Email Adresse wird nicht veröffentlicht.